Die Intelligenz der Bienen

Die Bestäubung der Blüten erfordert eine hervorragende Unterscheidung von Farben und Düften, eine sichere Navigation über große Strecken, eine effektive Energienutzung und eine rasche Anpassung an die sich ständig ändernden Angebote. Bienen verfügen über eine reichhaltige Welterfahrung und ein hervorragendes Gedächtnis, um in dem komplexen Blumenmarkt eine hohe Ausbeute zu erzielen. Der Vortrag wird in die Sinneswelt der Bienen einführen, ihr Lernvermögen und ihre Gedächtnisformen beschreiben und darstellen, wie Bienen zwischen den Nahrungsquellen und dem Stock navigieren. Außerdem werde ich eine Methode beschreiben, wie wir die sozialen Signale fortlaufend registrieren und sie als „Superorganismus“ belauschen können.

Neonikotinoide werden häufig in der Landwirtschaft und im Garten als Schutz gegen Schadinsekten eingesetzt. Bestäubende Insekten nehmen diese Insektizide über den Nektar, den Pollen und die Guttationssäfte sowie über Wasserpfützen auf. In den meisten Fällen werden Bienen, Hummeln und Wildbienen dadurch nicht unmittelbar getötet, da sie geringere, subletale Dosen, aufgenommen werden. Solche Dosen sind aber nicht ungefährlich. Wir haben uns zwei Formen der Aufnahme angeschaut, die einmalige und die chronische Aufnahme und uns auf das in den letzten Jahren überwiegend verwendete Thiacloprid (z.B. in Calypso) konzentriert. Die Experimente wurden mit einzelnen Honigbienen sowohl im Labor wie im Freiland durchgeführt. Die dabei von den Bienen aufgenommenen Dosen liegen im Bereich der unter gärtnerischen und landwirtschaftlichen Bedingungen aufgenommenen Dosen, zum Teil wesentlich darunter. Es wurde vor allem geprüft, ob das Lernvermögen, die Gedächtnisbildung, der Gedächtnisabruf, die Sammelmotivation, die Navigation und die soziale Kommunikation gestört werden. Für alle Prüffaktoren ergeben sich drastische Effekte. Besonders dramatisch ist die Situation nach chronischer Aufnahme. Auch wenn der größte Teil des aufgenommenen Futters im Stock abgeliefert wird, wird die Sammelmotivation, die Navigation und die Tanzkommunikation gestört. Unsere Daten zeigen, dass Thiacloprid, besonders in seiner Formulierung Calypso, die neuronalen Verschaltungen im zentralen Gehirnbereich beeinträchtigen, die die Bienen befähigen, sich an die sich ständig verändernden Umweltbedingungen durch Lernen anzupassen.

Zur Person:

Prof. Dr. Dr. hc Randolf Menzel ist Emeritus am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin. Er leitet die Arbeitsgruppe Neurobiologie seit 1976. Sein Arbeitsgebiet ist die Untersuchung der Gehirnvorgänge, die dem Lernen, der Gedächtnisbildung, der Sinneswahrnehmungen und der Navigation der Bienen zugrunde liegen.

Lesetipp: Menzel/Eckoldt, Die Intelligenz der Bienen, Knaus Verlag, München